Liebe Freunde,

folgend ist ein toller Bericht von Reinhold Weiler, ehemaliger Gemeindegründer bei Antiochia Teams und jetziges Vorstandsmitglied. Er erzählt über seine Erfahrungen in der Gemeindegründung und was er aus dieser Zeit gelernt hat – sowohl den Höhen und Tiefen dieser geistlichen Arbeit. Reinhold wird als Berater für unsere Gemeindegründungen zur Verfügung stehen und ist gerade daran interessiert, Leiter und Ihre Familien in ihrer persönlichen Entwicklung zu unterstützen. Frank Liesen

reinhold

3 Dinge, die ich bei der Gemeindegründung gelernt habe – Reinhold Weiler am 14.7.2015

1. Gott tut Wunder

„Es ist, als ob Ich träumend zusehe, wie Gott am Wirken ist“ sagt ein Teammitglied unserer Gemeindegründungsarbeit in Müllheim/Baden.

Und wirklich: Es geht plötzlich alles Schlag auf Schlag: Rod Nidever hatte es auf dem Herzen, in Müllheim eine Gemeinde zu gründen. Er fragt uns – damals gerade in einer Bibelschule und vor dem Gemeindepraktikum – ob wir, Tabea, meine Frau und ich, es uns vorstellen könnten, bei der Gründungsarbeit mitzuarbeiten. Ja, das konnten wir, nachdem eine andere Tür sich nicht geöffnet hatte.

Also machten wir uns auf den Weg nach Müllheim – es musste eine Wohnmöglichkeit gefunden werden, was angesichts unserer spärlichen finanziellen Ausstattung im Dreiländereck nicht gerade aussichtsreich war. Außerdem brauchten wir Teilzeit-Arbeitsstellen, um uns versorgen zu können, wir brauchten Räume für Gottesdienste und ein engagiertes Team…

Eine provisorische aber vorläufig ausreichende Wohnmöglichkeit war schnell gefunden, später eine Dienstbotenwohnung unterm Dach einer Villa. Erste Treffs unseres kleinen Teams begannen, dann konnten wir Gottesdienste im Wohnzimmer einer großen Familie mit entsprechend großem Haus feiern.

Offene Türen auch im Hinblick auf Arbeitsstellen. Als Sozialarbeiter eine Stelle zu finden in der Nähe von Freiburg, wo es 2 Fachhochschulen gibt, brauchte ein wirkliches Wunder, was für Gott offensichtlich kein Problem darstellte. Als wir für Tabea – Physiotherapeutin – einfach einmal im Krankenhaus anklopften wurden wir gefragt, ob wir auf ihre Stellenanzeige mit dem genau passenden Deputat reagieren. Wir blickten uns erstaunt an; Tabea konnte die Stelle antreten.

Gespräche mit der Inlandmission des Bundes Freier evangelischer Gemeinden führten dazu, dass wir finanziell unterstützt wurden, um Gemeinderäume anmieten zu können. Im Lauf der Zeit kamen fleißige Teammitglieder hinzu.

2. Ohne mich könnt ihr nichts tun

Immer wieder zeigte es sich, dass Gott offene Türen schenkte – aber ohne sein Wirken schien alles Arbeiten umsonst. Ich hatte beispielsweise die Idee, bei uns zuhause einen Hauskreis zu gründen – das sollte offensichtlich nicht sein – es kam nie zustande, scheiterte von Anfang an.

Alles Planen, überlegen, diskutieren ist gut – aber letztlich muss es der tun, der von sich sagte, dass Er die Gemeinde bauen wird – auch wenn er Menschen dazu brauchen will. Deshalb ist das Gebet so wichtig. Wir haben gelernt, dass es mindestens so wichtig ist, mit Gott über Menschen zu reden, als mit Menschen über Gott…

3. Es ist nicht „unsere“ Gemeindegründungsarbeit, sondern die von Gott

In den ersten Jahren der Gemeindegründung durften wir erleben, wie Menschen dazu kamen, wie etliche zum lebendigen Glauben an Gott fanden, wir konnten Taufen durchführen, mussten die ersten angemieteten Räume bald erweitern. Nach circa vier Jahren wurden die Räume, die nach der Erweiterung maximal 80 Personen fassten, zu klein. Gott hat wieder eine Tür geöffnet, so dass wir deutlich größere Räume anmieten und für unsere Zwecke umbauen konnten. In Kleingruppen wurde Gemeinschaft gepflegt und über geistliche Themen gesprochen. – Träumen? Ja es war wirklich sehr erstaunlich, was Gott mit unerfahrenen Menschen tun kann.

Aber es gab auch die andere Seite:

Nicht immer war unser Team ein Herz und eine Seele; unterschiedliche Ansichten, hohe Erwartungen von Gemeindemitgliedern, die Vereinbarkeit von Beruf und der Gemeindearbeit wurde zunehmend belastend, zumal wir circa eineinhalb Jahre nach Beginn der Gemeindegründung unser erstes Kind bekamen, drei Jahre später folgte das zweite – eine Zerreißprobe für Ehe und Familie. Nach sieben Jahre „Zeltmacherdasein“ beschlossen Tabea und ich, aus der Gemeindearbeit auszusteigen. Ich durfte in einer christlichen Institution für sucht- und psychisch kranke Menschen zu arbeiten beginnen. Dort konnte und kann ich soziale Arbeit mit meinem Christsein verbinden.

Als Gemeinde konnten wir nach meinem Ausscheiden noch keinen „Vollzeitler“ finanzieren. Wir durften aber jemand fünf Jahre lang mit einem halben Deputat als Pastor anstellen. In Absprache mit ihm blieben Tabea und ich in der Gemeinde, ich gab jedoch alle Verantwortung ab. Trotzdem glaube ich im Nachhinein, dass ich es meinem Nachfolger durch das Bleiben unnötig schwer gemacht habe, in der Gemeinde Fuß zu fassen und als geistlicher Leiter akzeptiert zu werden. Hinzu kam, dass die Arbeit stagnierte, der Schwung der Gründungsphase war irgendwie raus. Das führte bei vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu Frustration. Nach vielen Beratungen, teils auch mit externer Hilfe und Konfliktlösungsversuchen beschloss die Gemeinde noch im jungen „Alter“ von circa 14 Jahren, sich aufzulösen.

Das war eine nicht einfache Erfahrung für uns – hatten wir, die Team- und Gemeindemitglieder, die Verantwortlichen während der Gründungsphase und später die Ältesten inklusive dem Pastor der Gemeinde, nicht so viel investiert, auf viel verzichtet, versucht alles zu geben?

Es ist letztlich nicht unsere Verantwortung, sondern die von Gott – das ist das, was ich in der Folgezeit gelernt habe. Wir dürfen auch die scheinbar negativen Erfahrungen, unschöne Entwicklungen, unser vordergründiges Scheitern und auch das, was all das in uns auslöst Gott vor die Füße legen. Vielleicht will er uns sagen, dass es gar nicht um unseren Erfolg oder Misserfolg geht, sondern darum, in seiner Gegenwart zu leben, bei ihm zu sein wie Maria, die zu seinen Füßen saß um von ihm zu lernen. Wo sonst sollten wir Ruhe finden für unser Inneres?