Evangelisation Heute?

Evangelisation Heute?

Schritte zur persönlichen Evangelisation

Dr. Mark Dever, USA

übersetzt von Joachim Schmitsdorf

Der folgende Beitrag stammt aus dem ersten Kapitel von Mark Dever’s Buch „Persönliche Evangelisation“. Er bietet praktische Ratschläge darüber, wie wir mit der Weitergabe der frohen Botschaft beginnen können. Wir drucken ihn mit freundlicher Erlaubnis des Betanien-Verlags ab. Das Buch ist HIER für 5,90€ käuglich erhältlich. (ISBN: 978-3-935558-84-6). 

 Viel Freude beim Lesen! 

… Eine andere Reihe von Ausreden hat mit Problemen zu tun, von denen du und ich denken, dass andere sie mit unserem Zeugnisgeben haben. Wie oft kamen mir diese viel subtileren und klügeren Ausreden in den Sinn, wenn ich überlegte, jemandem das Evangelium weiterzusagen? »Die Leute wollen es nicht hören.« »Sie werden nicht daran interessiert sein.« »Sie werden wahrscheinlich das Evangelium bereits kennen.« »Es wird wohl nicht funktionieren. Ich bezweifle, dass sie glauben werden.« Ich denke nicht daran, wie kraftvoll das Evangelium ist. Ich steigere mich in eine Mentalität hinein, die zu Unrecht hoffnungslos ist.

Natürlich sollte ich merken, wie sehr all das von Unglauben geprägt ist. Paulus sagte zu den Korinthern: »Denn wer gibt dir den Vorzug? Und was besitzt du, das du nicht empfangen hast?« (1Kor 4,7). Warum denken wir, dass wir das Evangelium annehmen würden, aber jemand anders würde es nicht tun? Hast du noch nicht bemerkt, dass Gott manche rettet, deren Bekehrung wir für am unwahrscheinlichsten halten? Wenn du das nicht genau weißt, dann sieh dir einige Freunde an, die sich bekehrt haben. Denke über deine eigene Bekehrung nach. Jonathan Edwards nannte seinen Bericht über die Große Erweckung einen Bericht über unerwartete Bekehrungen. Natürlich sind in einem gewissen Sinne alle Bekehrungen überraschend: Feinde lieben einander; Fremde werden angenommen; diejenigen, die Strafe verdienen, erben stattdessen das ewige Leben. Aber genau diese radikale, überraschende Art der Bekehrung sollte uns ermutigen zu evangelisieren. Gott könnte jemanden erretten. Und je unwahrscheinlicher es scheint – so könnten wir sogar schlussfolgern – desto größer ist die Ehre, die Gott zuteilwird, wenn es geschieht!

Der Kern der Sache: Plane mit dem Nicht-Evangelisieren aufzuhören.

An dieser Stelle kommen wir zum Kern dessen, warum wir meist nicht evangelisieren. Was geht in uns vor, wenn wir nicht evangelisieren? Wir wollen über zwölf mögliche Schritte nachdenken: Bete, plane, akzeptiere es, verstehe, sei treu, riskiere etwas, bereite dich vor, schaue voraus, liebe, fürchte, höre auf und gedenke.

  1. Bete.

Ich denke, dass wir oftmals nicht evangelisieren, weil wir alles aus eigener Kraft tun wollen. Wir bemühen uns, Gott aus der Angelegenheit herauszuhalten. Wir vergessen, dass es sein Wille und seine Freude ist, ein Evangelium bekannt zu machen. Er will, dass Sünder gerettet werden. Kurz gesagt beten wir nicht für Gelegenheiten, das Evangelium weiterzusagen. Warum sollten wir überrascht sein, wenn sie nicht   kommen? Wenn du nicht evangelisierst, weil du denkst, du hättest keine Möglichkeiten, dann bete und staune darüber, wie Gott deine Gebete beantworten wird.

  1. Plane.

 Wie wir bereits gesehen haben, evangelisieren wir manchmal nicht, weil wir denken: »Ich bin zu beschäftigt mit anderen wichtigen Dingen. Es ist berechtigt, dass ich meine Zeit mit diesen anderen Dingen verbringe. Daher habe ich einfach keine Zeit, um jetzt zu evangelisieren. Wenn mein Gesundheitszustand wieder besser ist … nachdem mein Aufsatz fertig ist … wenn mein Sohn in die Schule kommt … wenn mein Ehemann im Ruhestand ist … wenn ich promoviere … wenn sie in besserer Stimmung ist, dann«, sagen wir, »werde ich ihr das Evangelium weitergeben.« Um uns gegen solche Ausreden zu wehren, können wir Zeit einplanen, um Beziehungen aufzubauen oder uns selbst in Situationen zu bringen, von denen wir wissen, dass wir dabei mit Nichtchristen sprechen können. Wir planen so viele weniger wichtige Dinge; warum planen wir nicht unsere Evangelisation?

  1. Akzeptiere es.

 Wir müssen akzeptieren, dass dies unsere Aufgabe ist. Wir wollen uns eingestehen, dass wir manchmal nicht evangelisieren, weil wir denken, dass es nicht unsere Aufgabe ist. Wir denken, es sei die Aufgabe von Predigern oder von jemand anderem, der dafür ausgebildet und bezahlt wird. Aber wenn wir evangelisieren wollen, dann müssen wir begreifen und zugeben, wie sehr wir vor unseren Pflichten geflohen sind und Ausflüchte gemacht haben, um uns vor unserer Verantwortung für die Evangelisation zu drücken. Wir könnten für einen bestimmten Ungläubigen die Christen sein, die ihm am nächsten stehen. Vielleicht hat er einen christlichen Onkel oder eine Tante, einen Freund oder Angestellten, der für ihn gebetet hat. Vielleicht sind wir die Erhörung dieser Gebete. Wir müssen die wunderbare Aufgabe annehmen, die Gott für uns hat; wir dürfen sie annehmen, und wir werden sie schließlich erfüllen: Evangelisten im Leben anderer zu sein!

  1. Verstehe es.

Dass wir beim Evangelisieren versagen, liegt zum Teil daran, dass wir ein mangelhaftes Verständnis davon haben. Gott verwendet nicht so sehr evangelistische Gaben (obwohl es eine biblische Gabe des Evangelisten gibt), sondern die Treue Tausender und Millionen von Christen, die niemals behaupten würden, evangelisieren sei ihre Gabe. Deine Schlussfolgerung, dass du nicht für eine bestimmte Aufgabe begabt seist, befreit dich nicht von der Verantwortung zu gehorchen. Daraus ziehst du vielleicht den Schluss, dass evangelisieren nicht deine Gabe sei, aber es ist immer noch deine Pflicht. Wenn wir nicht die Gabe der Barmherzigkeit haben, so entbindet uns das keineswegs von der Pflicht, barmherzig zu sein. Alle Christen sollen Barmherzigkeit üben; einige werden insbesondere dazu begabt sein, dies auf besondere Weise zu bestimmten Gelegenheiten zu tun, aber alle sollen barmherzig sein. So ist es auch mit dem Evangelisieren. Gott kann einen Petrus und einen Philippus, einen Whitefield und einen Spurgeon, einen Hudson Taylor und einen Adoniram Judson außergewöhnlich segnen und sein Eigen nennen, aber er ruft uns alle dazu auf, die Gute Botschaft weiterzugeben.

  1. Sei treu.

 Wir müssen wohl unsere Loyalität gegenüber Gott wieder ins Lot bringen. Vielleicht sind wir zu höflich, um Gott in diesem Bereich treu zu sein. Vielleicht machen wir uns mehr Gedanken darüber, wie die Leute reagieren werden, als darüber, dass Gott verherrlicht wird. Vielleicht machen wir uns mehr Sorgen um ihre Gefühle als um Gottes Gefühle. Gott hasst es, wenn seine Wahrheit unterdrückt wird, und genau das tut der Nichtchrist (Röm. 1,18). Gutes Benehmen ist keine Entschuldigung für Untreue gegenüber Gott, aber wir haben es oft dafür missbraucht.

  1. Riskiere etwas.

 Der Mut zum Risiko hängt mit der Treue eng zusammen. Lasst uns gehorsam sein, auch wenn wir nicht ganz sicher sein können, wie man darauf reagieren wird. Vielleicht evangelisierst du manchmal nicht, weil du schüchtern bist. Es ist dir nicht gerade angenehm, mit anderen zu sprechen, besonders nicht über Dinge, die sie ärgern könnten. Es könnte mühsam und gefährlich sein. Vielleicht würdest du es lieber jemand anders tun lassen, jemand, der für die Evangelisation mehr geeignet zu sein scheint. Aber kannst du Ungläubige zu einem Treffen einladen, bei dem sie das Evangelium hören? Kannst du ihnen ein gutes Buch weitergeben oder eine Geschichte aus deinem eigenen Leben erzählen? Kannst du ihnen Freundschaft erweisen, so dass du ihnen in Zukunft viel natürlicher das Evangelium weitergeben kannst? Wir müssen bereit sein, etwas zu riskieren, um zu evangelisieren.

  1. Bereite dich vor.

Manchmal evangelisieren wir nicht, weil wir denken, wir seien unvorbereitet oder schlecht ausgerüstet. Vielleicht finden wir im Gespräch keine passende Überleitung. Oder vielleicht denken wir, dass wir in unserer Dummheit dabei versagen werden und der Person geistlichen Schaden zufügen, indem wir in ihren Augen das Evangelium in Verruf bringen. Wir fürchten unsere Dummheit. Wir denken, dass es an uns liegt, ihnen das Evangelium vernünftig erscheinen zu lassen und all ihre Fragen zu beantworten. Und nachdem wir zu hohe Erwartungen an uns gerichtet haben, meinen wir ihnen nicht gerecht werden zu können und lassen das Evangelisieren. Stattdessen könnten wir uns jedoch vorbereiten, indem wir das Evangelium besser kennenlernen, an unserer Demut arbeiten und uns weiterbilden. Genauso wie wir unsere Zeit einteilen können, um sie zu nutzen, können wir uns darauf vorbereiten, eine Gelegenheit zu nutzen, wenn sie sich ergibt.

  1. Schaue voraus.

 Hast du jemals für etwas gebetet und warst dann überrascht, dass es so eintraf? Ich schon. Und ich schätze das bedeutet, dass ich tatsächlich nicht von Gott erwartet habe, dass er dieses Gebet erhört. Dasselbe dürfte auf mein Evangelisieren zutreffen. Vielleicht habe ich für Gelegenheiten gebetet, aber dann im Grunde nicht Ausschau nach ihnen gehalten. Vielleicht war ich unachtsam, als sie da waren.

Ich kann auf verschiedene Weise nachlässig sein. Manchmal sehe ich die Gelegenheiten nicht, weil ich beschäftigt bin. Evangelisation kann zeitintensiv und unbequem sein. Oder ich bin vielleicht zu müde. Vielleicht habe ich all meine Kraft für Zerstreuung, Arbeit oder für alles Mögliche andere verwendet außer für diesen Nichtchristen, mit dem ich hätte sprechen können. Und deswegen bemerkte ich die Gelegenheit nicht einmal. Vielleicht versäume ich die Gelegenheiten eher gewohnheitsmäßig. Vielleicht bin ich faul und sorge mich mehr darum, dass ich nicht bedrängt werde oder in Zeitdruck gerate, als dass diese Person das Evangelium hört. Vielleicht bin ich einfach nur egoistisch, wenn es darauf ankommt. Ich sehe keine Gelegenheiten, weil ich mir keine Umstände bereiten will. Ich denke, das heißt, dass ich mich letztendlich gleichgültig verhalte. Ich bin aus freien Stücken für Gottes Vorsehung blind. Ich bedenke nicht, dass der Tod, das Gericht und die Hölle real und endgültig sind. Daher nehme ich nicht wahr, dass die Person vor mir und ihre Notlage real sind. Wir dürfen unsere Augen nicht nur schließen, wenn wir für Gelegenheiten beten, sondern müssen sie öffnen, um diese zu erkennen.

  1. Liebe.

Wir sind dazu berufen, andere zu lieben. Wir geben das Evangelium weiter, weil wir die Menschen lieben. Wir geben das Evangelium nicht weiter, weil wir Menschen nicht lieben. Stattdessen fürchten wir sie fälschlicherweise. Wir wollen keine Unannehmlichkeiten verursachen. Wir wollen ihren Respekt, und trotzdem rechnen wir damit, dass wir dumm dastehen, wenn wir versuchen, ihnen das Evangelium weiterzusagen! Deswegen schweigen wir. Wir nehmen unseren Stolz in Schutz – um den Preis ihrer Seele. Weil wir nicht sonderbar scheinen wollen, begnügen wir uns daran mitschuldig zu sein, dass sie verloren gehen. So sagte ein Freund: »Ich will nicht das typische Klischee eines Christen bedienen.« Diese Einstellung ist nur allzu oft typisch für mich. Mein Herz ist kalt gegenüber anderen. Ich habe eine verzerrte Liebe zu mir selbst und eine mangelhafte Liebe zu anderen. Um das zu verdeutlichen: Während ich das hier schrieb, rief mich ein nichtchristlicher Freund an und wollte mit mir sprechen. Wir plauderten etwa 30 Minuten lang, wobei ich die ganze Zeit voll Ungeduld nur daran dachte, weiter an diesem Buch über Evangelisation zu schreiben! Autsch! Was bin ich doch für ein elender Mensch! Wer wird mich von diesem der Gleichgültigkeit verfallenen Leib erlösen? Wenn wir mehr evangelisieren wollen, dann müssen wir die Menschen mehr lieben.

  1. Fürchte.

 Wir müssen auch Furcht haben. Doch wir sollen nicht Menschen fürchten, sondern Gott. Wenn wir das Evangelium nicht weitergeben, dann weigern wir uns im Grunde, ein Leben in der Furcht Gottes zu führen. Wir achten ihn oder seinen Willen nicht als den feststehenden und endgültigen Maßstab für unser Handeln. Gott zu lieben heißt ihn zu fürchten. Wenn derjenige, der unser allmächtiger Schöpfer und Richter ist, auch unser gnädiger Erlöser und Retter ist, dann haben wir das gefunden, dem sich unser Herz vollkommenen hingibt. Diese Hingabe wird uns dahin führen, anderen diese gute Nachricht über ihn weiterzuerzählen. Wir müssen Gott bitten, dass er in uns die Liebe zu und die Ehrfurcht vor ihm immer mehr wachsen lässt.

  1. Höre auf.

Wir müssen aufhören, Gott Vorwürfe zu machen. Wir müssen aufhören, uns vor dem Evangelisieren zu drücken, weil Gott ja souverän ist. Aus seiner Allmacht dürfen wir nicht schließen, dass unser Gehorsam deswegen sinnlos ist. Stattdessen müssen wir seinem Wort entnehmen, dass Gott sich eine große Menge aus jedem Stamm, jeder Sprache und Nation berufen wird. Das wird uns beim Evangelisieren ermutigen. Es hat Paulus in Korinth ermutigt, als er entmutigt war (Apg. 18). Nochmals: Wenn du dir darüber bewusstwirst, dass die Verkündigung des Evangeliums und das Werk des Heiligen Geistes immer mit Bekehrungen einhergehen, dann wirst du nicht mehr versuchen, das Werk des Heiligen Geistes zu tun, sondern dich der Verkündigung des Evangeliums hingeben. Nur weil wir nicht alles wissen, heißt das nicht, dass wir gar nichts wissen! Wir können nicht alle Fragen beantworten, wie Gottes Souveränität und die menschliche Verantwortung zusammenpassen, aber wir können sicherlich glauben, dass sie es tun. Paulus selbst schrieb einen der klarsten Bibelabschnitte über die Souveränität Gottes (Röm. 9), um dann fortzufahren mit einem der pointiertesten Bibelabschnitte über die menschliche Verantwortung in der Evangelisation (Röm. 10). Er glaubte zweifellos, dass beides wahr ist. Wer also sind wir, dass wir Gott die Schuld für unser sündiges Schweigen in die Schuhe schieben?

  1. Gedenke.

 Der Schreiber des Hebräerbriefs sagt: »Gedenkt an den, der so viel Widerspruch gegen sich von den Sündern erduldet hat, damit ihr nicht matt werdet und den Mut nicht sinken lasst« (Heb 12,3). Wenn wir nicht genug daran denken, was Gott für uns in Christus getan hat – wie viel ihn dies gekostet hat, was das heißt, und welch überragende Bedeutung Jesus hat – dann ist Evangelisation nicht mehr unser Herzensanliegen. Unser Herz wird kalt, wir denken immer weniger daran (und bandeln mit vergänglichen Dingen an), und unsere Lippen verstummen. Gedenke daran, dass Gott uns genau so geliebt hat. Denke daran, dass Gott dadurch verherrlicht wird, dass wir anderen von seiner wunderbaren Liebe erzählen. Und bedenke, dass wir so schweigende Verschwörer werden, statt über Gottes Güte und das Evangelium zu reden. Wir zeigen so, dass uns die Ehre Gottes gleichgültig ist. Wenn wir treuere Evangelisten sein wollen, dann müssen wir in uns die Flamme der Liebe zu Gott anfachen und die Flamme der Dankbarkeit und Hoffnung. Ein Feuer, das auf diese Weise von Gott entzündet ist, wird problemlos unsere Zunge anstecken. Jesus sagt: »Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über« (Mt. 12,34b). Wie oft sprechen wir über das Evangelium? Was besagt das über unsere Liebe zu Gott?

 

Von |2023-05-01T07:48:54+01:0025.04.2017|Evangelisation, Gemeindegründung|

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Personal Evangelism

Dr. Mark Dever, USA

 

The following excerpt is part of chapter one of Mark Dever’s book  „The Gospel & Personal Evangelism“, translated by Joachim Schmitsdorf, and published in German by the publishing company Betanien-Verlag .  Published here with permission by Betanien-Verlag. The book can purchased in German HERE (ISBN: 978-3-935558-84-6).

 Viel Freude beim Lesen! 

… Eine andere Reihe von Ausreden hat mit Problemen zu tun, von denen du und ich denken, dass andere sie mit unserem Zeugnisgeben haben. Wie oft kamen mir diese viel subtileren und klügeren Ausreden in den Sinn, wenn ich überlegte, jemandem das Evangelium weiterzusagen? »Die Leute wollen es nicht hören.« »Sie werden nicht daran interessiert sein.« »Sie werden wahrscheinlich das Evangelium bereits kennen.« »Es wird wohl nicht funktionieren. Ich bezweifle, dass sie glauben werden.« Ich denke nicht daran, wie kraftvoll das Evangelium ist. Ich steigere mich in eine Mentalität hinein, die zu Unrecht hoffnungslos ist.

Natürlich sollte ich merken, wie sehr all das von Unglauben geprägt ist. Paulus sagte zu den Korinthern: »Denn wer gibt dir den Vorzug? Und was besitzt du, das du nicht empfangen hast?« (1Kor 4,7). Warum denken wir, dass wir das Evangelium annehmen würden, aber jemand anders würde es nicht tun? Hast du noch nicht bemerkt, dass Gott manche rettet, deren Bekehrung wir für am unwahrscheinlichsten halten? Wenn du das nicht genau weißt, dann sieh dir einige Freunde an, die sich bekehrt haben. Denke über deine eigene Bekehrung nach. Jonathan Edwards nannte seinen Bericht über die Große Erweckung einen Bericht über unerwartete Bekehrungen. Natürlich sind in einem gewissen Sinne alle Bekehrungen überraschend: Feinde lieben einander; Fremde werden angenommen; diejenigen, die Strafe verdienen, erben stattdessen das ewige Leben. Aber genau diese radikale, überraschende Art der Bekehrung sollte uns ermutigen zu evangelisieren. Gott könnte jemanden erretten. Und je unwahrscheinlicher es scheint – so könnten wir sogar schlussfolgern – desto größer ist die Ehre, die Gott zuteilwird, wenn es geschieht!

Der Kern der Sache: Plane mit dem Nicht-Evangelisieren aufzuhören.

An dieser Stelle kommen wir zum Kern dessen, warum wir meist nicht evangelisieren. Was geht in uns vor, wenn wir nicht evangelisieren? Wir wollen über zwölf mögliche Schritte nachdenken: Bete, plane, akzeptiere es, verstehe, sei treu, riskiere etwas, bereite dich vor, schaue voraus, liebe, fürchte, höre auf und gedenke.

  1. Bete.

Ich denke, dass wir oftmals nicht evangelisieren, weil wir alles aus eigener Kraft tun wollen. Wir bemühen uns, Gott aus der Angelegenheit herauszuhalten. Wir vergessen, dass es sein Wille und seine Freude ist, ein Evangelium bekannt zu machen. Er will, dass Sünder gerettet werden. Kurz gesagt beten wir nicht für Gelegenheiten, das Evangelium weiterzusagen. Warum sollten wir überrascht sein, wenn sie nicht   kommen? Wenn du nicht evangelisierst, weil du denkst, du hättest keine Möglichkeiten, dann bete und staune darüber, wie Gott deine Gebete beantworten wird.

  1. Plane.

 Wie wir bereits gesehen haben, evangelisieren wir manchmal nicht, weil wir denken: »Ich bin zu beschäftigt mit anderen wichtigen Dingen. Es ist berechtigt, dass ich meine Zeit mit diesen anderen Dingen verbringe. Daher habe ich einfach keine Zeit, um jetzt zu evangelisieren. Wenn mein Gesundheitszustand wieder besser ist … nachdem mein Aufsatz fertig ist … wenn mein Sohn in die Schule kommt … wenn mein Ehemann im Ruhestand ist … wenn ich promoviere … wenn sie in besserer Stimmung ist, dann«, sagen wir, »werde ich ihr das Evangelium weitergeben.« Um uns gegen solche Ausreden zu wehren, können wir Zeit einplanen, um Beziehungen aufzubauen oder uns selbst in Situationen zu bringen, von denen wir wissen, dass wir dabei mit Nichtchristen sprechen können. Wir planen so viele weniger wichtige Dinge; warum planen wir nicht unsere Evangelisation?

  1. Akzeptiere es.

 Wir müssen akzeptieren, dass dies unsere Aufgabe ist. Wir wollen uns eingestehen, dass wir manchmal nicht evangelisieren, weil wir denken, dass es nicht unsere Aufgabe ist. Wir denken, es sei die Aufgabe von Predigern oder von jemand anderem, der dafür ausgebildet und bezahlt wird. Aber wenn wir evangelisieren wollen, dann müssen wir begreifen und zugeben, wie sehr wir vor unseren Pflichten geflohen sind und Ausflüchte gemacht haben, um uns vor unserer Verantwortung für die Evangelisation zu drücken. Wir könnten für einen bestimmten Ungläubigen die Christen sein, die ihm am nächsten stehen. Vielleicht hat er einen christlichen Onkel oder eine Tante, einen Freund oder Angestellten, der für ihn gebetet hat. Vielleicht sind wir die Erhörung dieser Gebete. Wir müssen die wunderbare Aufgabe annehmen, die Gott für uns hat; wir dürfen sie annehmen, und wir werden sie schließlich erfüllen: Evangelisten im Leben anderer zu sein!

  1. Verstehe es.

Dass wir beim Evangelisieren versagen, liegt zum Teil daran, dass wir ein mangelhaftes Verständnis davon haben. Gott verwendet nicht so sehr evangelistische Gaben (obwohl es eine biblische Gabe des Evangelisten gibt), sondern die Treue Tausender und Millionen von Christen, die niemals behaupten würden, evangelisieren sei ihre Gabe. Deine Schlussfolgerung, dass du nicht für eine bestimmte Aufgabe begabt seist, befreit dich nicht von der Verantwortung zu gehorchen. Daraus ziehst du vielleicht den Schluss, dass evangelisieren nicht deine Gabe sei, aber es ist immer noch deine Pflicht. Wenn wir nicht die Gabe der Barmherzigkeit haben, so entbindet uns das keineswegs von der Pflicht, barmherzig zu sein. Alle Christen sollen Barmherzigkeit üben; einige werden insbesondere dazu begabt sein, dies auf besondere Weise zu bestimmten Gelegenheiten zu tun, aber alle sollen barmherzig sein. So ist es auch mit dem Evangelisieren. Gott kann einen Petrus und einen Philippus, einen Whitefield und einen Spurgeon, einen Hudson Taylor und einen Adoniram Judson außergewöhnlich segnen und sein Eigen nennen, aber er ruft uns alle dazu auf, die Gute Botschaft weiterzugeben.

  1. Sei treu.

 Wir müssen wohl unsere Loyalität gegenüber Gott wieder ins Lot bringen. Vielleicht sind wir zu höflich, um Gott in diesem Bereich treu zu sein. Vielleicht machen wir uns mehr Gedanken darüber, wie die Leute reagieren werden, als darüber, dass Gott verherrlicht wird. Vielleicht machen wir uns mehr Sorgen um ihre Gefühle als um Gottes Gefühle. Gott hasst es, wenn seine Wahrheit unterdrückt wird, und genau das tut der Nichtchrist (Röm. 1,18). Gutes Benehmen ist keine Entschuldigung für Untreue gegenüber Gott, aber wir haben es oft dafür missbraucht.

  1. Riskiere etwas.

 Der Mut zum Risiko hängt mit der Treue eng zusammen. Lasst uns gehorsam sein, auch wenn wir nicht ganz sicher sein können, wie man darauf reagieren wird. Vielleicht evangelisierst du manchmal nicht, weil du schüchtern bist. Es ist dir nicht gerade angenehm, mit anderen zu sprechen, besonders nicht über Dinge, die sie ärgern könnten. Es könnte mühsam und gefährlich sein. Vielleicht würdest du es lieber jemand anders tun lassen, jemand, der für die Evangelisation mehr geeignet zu sein scheint. Aber kannst du Ungläubige zu einem Treffen einladen, bei dem sie das Evangelium hören? Kannst du ihnen ein gutes Buch weitergeben oder eine Geschichte aus deinem eigenen Leben erzählen? Kannst du ihnen Freundschaft erweisen, so dass du ihnen in Zukunft viel natürlicher das Evangelium weitergeben kannst? Wir müssen bereit sein, etwas zu riskieren, um zu evangelisieren.

  1. Bereite dich vor.

Manchmal evangelisieren wir nicht, weil wir denken, wir seien unvorbereitet oder schlecht ausgerüstet. Vielleicht finden wir im Gespräch keine passende Überleitung. Oder vielleicht denken wir, dass wir in unserer Dummheit dabei versagen werden und der Person geistlichen Schaden zufügen, indem wir in ihren Augen das Evangelium in Verruf bringen. Wir fürchten unsere Dummheit. Wir denken, dass es an uns liegt, ihnen das Evangelium vernünftig erscheinen zu lassen und all ihre Fragen zu beantworten. Und nachdem wir zu hohe Erwartungen an uns gerichtet haben, meinen wir ihnen nicht gerecht werden zu können und lassen das Evangelisieren. Stattdessen könnten wir uns jedoch vorbereiten, indem wir das Evangelium besser kennenlernen, an unserer Demut arbeiten und uns weiterbilden. Genauso wie wir unsere Zeit einteilen können, um sie zu nutzen, können wir uns darauf vorbereiten, eine Gelegenheit zu nutzen, wenn sie sich ergibt.

  1. Schaue voraus.

 Hast du jemals für etwas gebetet und warst dann überrascht, dass es so eintraf? Ich schon. Und ich schätze das bedeutet, dass ich tatsächlich nicht von Gott erwartet habe, dass er dieses Gebet erhört. Dasselbe dürfte auf mein Evangelisieren zutreffen. Vielleicht habe ich für Gelegenheiten gebetet, aber dann im Grunde nicht Ausschau nach ihnen gehalten. Vielleicht war ich unachtsam, als sie da waren.

Ich kann auf verschiedene Weise nachlässig sein. Manchmal sehe ich die Gelegenheiten nicht, weil ich beschäftigt bin. Evangelisation kann zeitintensiv und unbequem sein. Oder ich bin vielleicht zu müde. Vielleicht habe ich all meine Kraft für Zerstreuung, Arbeit oder für alles Mögliche andere verwendet außer für diesen Nichtchristen, mit dem ich hätte sprechen können. Und deswegen bemerkte ich die Gelegenheit nicht einmal. Vielleicht versäume ich die Gelegenheiten eher gewohnheitsmäßig. Vielleicht bin ich faul und sorge mich mehr darum, dass ich nicht bedrängt werde oder in Zeitdruck gerate, als dass diese Person das Evangelium hört. Vielleicht bin ich einfach nur egoistisch, wenn es darauf ankommt. Ich sehe keine Gelegenheiten, weil ich mir keine Umstände bereiten will. Ich denke, das heißt, dass ich mich letztendlich gleichgültig verhalte. Ich bin aus freien Stücken für Gottes Vorsehung blind. Ich bedenke nicht, dass der Tod, das Gericht und die Hölle real und endgültig sind. Daher nehme ich nicht wahr, dass die Person vor mir und ihre Notlage real sind. Wir dürfen unsere Augen nicht nur schließen, wenn wir für Gelegenheiten beten, sondern müssen sie öffnen, um diese zu erkennen.

  1. Liebe.

Wir sind dazu berufen, andere zu lieben. Wir geben das Evangelium weiter, weil wir die Menschen lieben. Wir geben das Evangelium nicht weiter, weil wir Menschen nicht lieben. Stattdessen fürchten wir sie fälschlicherweise. Wir wollen keine Unannehmlichkeiten verursachen. Wir wollen ihren Respekt, und trotzdem rechnen wir damit, dass wir dumm dastehen, wenn wir versuchen, ihnen das Evangelium weiterzusagen! Deswegen schweigen wir. Wir nehmen unseren Stolz in Schutz – um den Preis ihrer Seele. Weil wir nicht sonderbar scheinen wollen, begnügen wir uns daran mitschuldig zu sein, dass sie verloren gehen. So sagte ein Freund: »Ich will nicht das typische Klischee eines Christen bedienen.« Diese Einstellung ist nur allzu oft typisch für mich. Mein Herz ist kalt gegenüber anderen. Ich habe eine verzerrte Liebe zu mir selbst und eine mangelhafte Liebe zu anderen. Um das zu verdeutlichen: Während ich das hier schrieb, rief mich ein nichtchristlicher Freund an und wollte mit mir sprechen. Wir plauderten etwa 30 Minuten lang, wobei ich die ganze Zeit voll Ungeduld nur daran dachte, weiter an diesem Buch über Evangelisation zu schreiben! Autsch! Was bin ich doch für ein elender Mensch! Wer wird mich von diesem der Gleichgültigkeit verfallenen Leib erlösen? Wenn wir mehr evangelisieren wollen, dann müssen wir die Menschen mehr lieben.

  1. Fürchte.

 Wir müssen auch Furcht haben. Doch wir sollen nicht Menschen fürchten, sondern Gott. Wenn wir das Evangelium nicht weitergeben, dann weigern wir uns im Grunde, ein Leben in der Furcht Gottes zu führen. Wir achten ihn oder seinen Willen nicht als den feststehenden und endgültigen Maßstab für unser Handeln. Gott zu lieben heißt ihn zu fürchten. Wenn derjenige, der unser allmächtiger Schöpfer und Richter ist, auch unser gnädiger Erlöser und Retter ist, dann haben wir das gefunden, dem sich unser Herz vollkommenen hingibt. Diese Hingabe wird uns dahin führen, anderen diese gute Nachricht über ihn weiterzuerzählen. Wir müssen Gott bitten, dass er in uns die Liebe zu und die Ehrfurcht vor ihm immer mehr wachsen lässt.

  1. Höre auf.

Wir müssen aufhören, Gott Vorwürfe zu machen. Wir müssen aufhören, uns vor dem Evangelisieren zu drücken, weil Gott ja souverän ist. Aus seiner Allmacht dürfen wir nicht schließen, dass unser Gehorsam deswegen sinnlos ist. Stattdessen müssen wir seinem Wort entnehmen, dass Gott sich eine große Menge aus jedem Stamm, jeder Sprache und Nation berufen wird. Das wird uns beim Evangelisieren ermutigen. Es hat Paulus in Korinth ermutigt, als er entmutigt war (Apg. 18). Nochmals: Wenn du dir darüber bewusstwirst, dass die Verkündigung des Evangeliums und das Werk des Heiligen Geistes immer mit Bekehrungen einhergehen, dann wirst du nicht mehr versuchen, das Werk des Heiligen Geistes zu tun, sondern dich der Verkündigung des Evangeliums hingeben. Nur weil wir nicht alles wissen, heißt das nicht, dass wir gar nichts wissen! Wir können nicht alle Fragen beantworten, wie Gottes Souveränität und die menschliche Verantwortung zusammenpassen, aber wir können sicherlich glauben, dass sie es tun. Paulus selbst schrieb einen der klarsten Bibelabschnitte über die Souveränität Gottes (Röm. 9), um dann fortzufahren mit einem der pointiertesten Bibelabschnitte über die menschliche Verantwortung in der Evangelisation (Röm. 10). Er glaubte zweifellos, dass beides wahr ist. Wer also sind wir, dass wir Gott die Schuld für unser sündiges Schweigen in die Schuhe schieben?

  1. Gedenke.

 Der Schreiber des Hebräerbriefs sagt: »Gedenkt an den, der so viel Widerspruch gegen sich von den Sündern erduldet hat, damit ihr nicht matt werdet und den Mut nicht sinken lasst« (Heb 12,3). Wenn wir nicht genug daran denken, was Gott für uns in Christus getan hat – wie viel ihn dies gekostet hat, was das heißt, und welch überragende Bedeutung Jesus hat – dann ist Evangelisation nicht mehr unser Herzensanliegen. Unser Herz wird kalt, wir denken immer weniger daran (und bandeln mit vergänglichen Dingen an), und unsere Lippen verstummen. Gedenke daran, dass Gott uns genau so geliebt hat. Denke daran, dass Gott dadurch verherrlicht wird, dass wir anderen von seiner wunderbaren Liebe erzählen. Und bedenke, dass wir so schweigende Verschwörer werden, statt über Gottes Güte und das Evangelium zu reden. Wir zeigen so, dass uns die Ehre Gottes gleichgültig ist. Wenn wir treuere Evangelisten sein wollen, dann müssen wir in uns die Flamme der Liebe zu Gott anfachen und die Flamme der Dankbarkeit und Hoffnung. Ein Feuer, das auf diese Weise von Gott entzündet ist, wird problemlos unsere Zunge anstecken. Jesus sagt: »Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über« (Mt. 12,34b). Wie oft sprechen wir über das Evangelium? Was besagt das über unsere Liebe zu Gott?

 

Von |2023-06-12T16:50:45+01:0025.04.2017|Archiv-en, Church Planting, Evangelism|

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